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In der Überschrift lesen wir: „Jeder Mensch hat eine Würde“ oder im Grundgesetz steht: Würde des Menschen ist unantastbar.“

Welche Gedanken gehen Ihnen dabei durch den Kopf? 

z.B. „Papier ist geduldig“ oder „Davon ist im wirklichen Leben nicht viel zu sehen“ 

Sicherlich geht sehr viel schief im alltäglichen Miteinander. Ob in unserem eigenen Umfeld oder auch draußen, in der großen Politik. 

Umso schöner und wichtiger sind daher solche Aktionen wie heute am Misereor-Sonntag.

 

Das Team Tansania hat sich dem diesjährigen Thema - „Auf die Würde. Fertig. Los!“ –angenommen und lenkt den Blick auf Sri Lanka.

Der Chor Lyra Musica hat den Gottesdienst stimmgewaltig begleitet. Danke dafür

Einander wahrnehmen, aufmerksam sein, in Kontakt treten und zu einer Gemeinschaft werden – das sind wesentliche erste Schritte, die der Misereor-Partner Caritas Sri Lanka – SEDEC mit den Menschen im Hochland von Sri Lanka geht. Die dort lebenden Hochlandtamilinnen sind Nachfahren von Teepflückerinnen, die unter der Kolonialherrschaft der Briten vor fast 200 Jahren aus Südindien ins Land geholt wurden.

Bis heute leiden sie unter Diskriminierung, der Zugang zu Bürgerrechten wird ihnen erschwert, ihre Menschenwürde missachtet. Sich als Gemeinschaft wahrzunehmen, Lebensgeschichten miteinander zu teilen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, das ermöglicht Veränderung, schafft Selbstvertrauen und Mut.

Anhand von drei Beispielen können wir ein wenig nachvollziehen, wie das Leben in Sri-Lanka ist:

Sri Lanka ist eine Insel im Indischen Ozean südlich von Indien, fast so groß wie Bayern und hat ca. 22 Millionen Einwohner. Die Hauptstadt Colombo ist das wirtschaftliche Zentrum, die offiziellen Sprachen sind Singhalesisch und Tamilisch, Englisch dient als Geschäftssprache.

Das Land erlebte die Kolonialisierung durch Portugal, die Niederlande und Großbritannien bis 1948. Diese Zeit prägte die soziale Struktur, unter anderem durch die Ansiedlung von indischen Tamilinnen als Teepflückerinnen.

Im Hochland Sri Lankas wächst ein artenreicher Regenwald, doch die Menschen dort leiden unter Mangelernährung. Sri Lanka ist für seinen Schwarztee bekannt, doch der großflächige Anbau geht zu Lasten der Arbeiter*innen.

Die Hochlandtamilinnen wurden vor 200 Jahren von den britischen Kolonialherren aus Südindien verschleppt und leben bis heute meist noch auf Plantagen unter schlechten Bedingungen und gesellschaftlich benachteiligt. Sie haben oft keinen Ausweis und keine Krankenversicherung, wenig Bildungschancen und kein eigenes Land.

Die Arbeit als Teepflückerin ist hart, schlecht bezahlt und bietet kaum Perspektiven. Frauen sind oft finanziell abhängig, Männer wandern ab, Alkoholismus und Suizid sind verbreitet. Caritas Sri Lanka - kurz SEDEC bringt Menschen zusammen, um ihre Rechte wahrzunehmen und neue Lebenswege zu finden. „Ich wurde zum ersten Mal mit Respekt behandelt“, sagt ein Mitglied. Besonders Frauen sollen gestärkt werden, um aus der Abhängigkeit auszubrechen und ein Leben mit Würde zu führen.

J. Devi von SEDEC koordiniert das Projekt Green Gold Harvesters, das diese Gemeinschaft stärkt. Trainings helfen ihnen, Rechte einzufordern, Ausweise zu beantragen und wirtschaftlich unabhängig zu werden. 

1) Rajanayagi, eine 31-jährige Frau aus einer Teeplantage in Sri Lanka, lebt mit ihrer Familie in beengten Verhältnissen. Ihre Familie hat seit fünf Generationen auf der Plantage gearbeitet, doch Rajanayagi wollte nie Teepflückerin werden. Stattdessen eröffnete sie mit Unterstützung von SEDEC einen kleinen Laden, um finanziell unabhängig zu sein und ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Rajanayagi hat durch die Unterstützung von SEDEC Selbstbewusstsein gewonnen und ist nun Vizepräsidentin ihrer Ortsgruppe. Sie träumt davon, ein eigenes Haus zu bauen, um ihren Kindern ein besseres Leben zu bieten und ihnen ein Stück Land zu hinterlassen. 

2) A. Arputham, die Präsidentin der Ortsgruppe von SEDEC, empfängt Gäste mit einem Willkommensritual und führt sie in ihr grünes Haus. Ihre Lebensgeschichte ist geprägt von harter Arbeit als Teepflückerin und den Herausforderungen als Witwe mit drei Kindern. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie in sozialer Isolation und kämpfte mit Gerüchten und Vorurteilen. Eine Wende erlebte sie, als sie unerwartet zur Präsidentin gewählt wurde, was ihr Selbstvertrauen stärkte und die Gemeinschaft vereinte. Unter ihrer Führung wurden Projekte wie eine Bibliothek und Veranstaltungen für ältere Menschen ins Leben gerufen. Arputham betont die Bedeutung von Respekt und Würde und plant, ihren eigenen Tee anzubauen, um finanziell unabhängig zu sein. 

3) S. Sindamani, eine 34-jährige Plantagenarbeiterin, erzählt von ihrem herausfordernden Leben. Mit ihrem Mann, einem Busfahrer, und ihren beiden Töchtern lebt sie in schwierigen Verhältnissen. Ihre jüngere Tochter Kishalini hat eine Gehirnerkrankung, die hohe medizinische Kosten verursacht und zu einem Schuldenberg von 500.000 Sri-Lanka-Rupien geführt hat. Durch die Teilnahme an einer Versammlung von SEDEC fand Sindamani Gemeinschaft und Unterstützung von anderen Frauen, was ihr half, Selbstbewusstsein zu gewinnen. Sie begann, Teppiche zu weben, und konnte sich einen Webrahmen anschaffen. Heute verkauft sie erfolgreich Teppiche und verdient damit mehr, als in ihren früheren Jobs. Sindamani fühlt sich durch ihre Selbstständigkeit gestärkt und respektiert. Ihre Tochter Kishalini macht Fortschritte beim Laufen, und Sindamani hat große Hoffnungen für die Zukunft ihrer Kinder: eine gute Ausbildung und die Tilgung ihrer Schulden.

Drei von zahlreichen Beispielen, wie Caritas Sri Lanka Menschen mit Würde behandelt und sie dadurch stark macht – so wie auch Jesus die Ehebrecherin, von der wir im heutigen Evangelium gehört haben - aber auch ihre Ankläger mit Würde behandelt hat. Nur so konnten sie und können wir uns selbst auch eingestehen, nicht ohne Schuld zu sein – eine wesentliche Voraussetzung zur Umkehr.

Der heutige Gottesdienst hat uns inhaltlich die Situation in Sri-Lanka näher gebracht. Es wurde aber auch deutlich, dass es viele Ungerechtigkeiten auf der ganzen Welt gibt.

Auch bei uns hier werden Menschen verachtet, ausgebeutet und ihrer Würde beraubt.

Zum Ende des Gottesdienstes dankte Robert Faust auch dem Chor für die Mitgestaltung und lud die Anwesenden zum anschließenden Fastenessen im Pfarrheim heim.

R.Zieres

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